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Corona

Notfallseelsorge unter erschwerten Bedingungen

Schutzraum mit Aussicht und Ort für ein Treffen mit den Notfallseelsorgern Sabine Schimpf-Ermisch und Hugo Klein in Corona-Zeiten - mit Abstand und unter freiem Himmel.

Kontaktbeschränkungen, Besuchsverbot: Die Corona-Pandemie bringt harte Einschränkungen mit sich. Die Teams der Notfallseelsorge Darmstadt-Dieburg und Darmstadt und Umgebung sind im Einsatz, um Menschen in Not beizustehen. Wenn auch unter erschwerten Bedingungen.

Wenn das Handy klingelt und zu einem Einsatz ruft, müssen die ehrenamtlichen Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorger nun nicht mehr nur an ihre signalgelbe Jacke und den Rucksack denken, sondern eben auch an Mund-Nase-Schutz, Handschuhe und Desinfektionsmittel. „Man muss jeden Schritt überlegen“, sagt die ehrenamtliche Notfallseelsorgerin Sabine Schimpf-Ermisch.

Normalerweise fahren sie in Darmstadt-Dieburg zu zweit zum Einsatz, doch das geht seit Beginn der Corona-Pandemie nicht mehr. Alleine unterwegs zu sein, ist für die Reinheimerin eine Umstellung: Sie sei viel konzentrierter, viel angespannter, zudem sei der Fokus der zu betreuenden Person oder Personen komplett auf sie gerichtet. Für Hugo Klein aus Alsbach-Hähnlein, der ehrenamtlich in der Notfallseelsorge Darmstadt und Umgebung tätig ist, macht das keinen Unterschied. Dort sei es ohnehin üblich, alleine in den Einsatz zu gehen.

Die beiden übernehmen regelmäßig Dienste. Sabine Schimpf-Ermisch ist täglich in Bereitschaft, Hugo Klein zwei- bis dreimal in der Woche. Aufgrund der Corona-Pandemie pausieren einige Ehrenamtlich mit ihrem Dienst, da sie selbst zur Risikogruppe gehören „Diese beiden Notfallseelsorger haben ihre Dienstzeiten ausgeweitet. Im Team treten wir füreinander ein“, sagt Pfarrer Heiko Ruff-Kaprun, Leiter der ökumenisch ausgerichteten Notfallseelsorge, die bei den Evangelischen Dekanaten Darmstadt und Vorderer Odenwald und dem katholischen Bistum in Mainz mit der Dekanatsbeauftragten Susanne Fitz angesiedelt ist.

„Wir haben gegen Krisen keine Waffen, aber wir haben Schutz“, sagt Ruff-Kapraun. Die Burg Frankenstein ist ein Schutzraum mit Aussicht sozusagen – ein mystischer Ort mit besonderer Energie, „an dem man auftanken und eben Schutz finden kann“, so der Pfarrer. An diesem Abend ist sie der Ort für ein Treffen in Corona-Zeiten, mit Abstand und unter freiem Himmel.

 

Beistand in schweren Situationen

In Kooperation mit Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst ist die Notfallseelsorge in Darmstadt-Dieburg und Darmstadt rund um die Uhr im Einsatz. In aller Regel werden die Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger von den Einsatzkräften gerufen, um Menschen nach einer schicksalhaften Erfahrung beizustehen. Sie bleiben bei den Angehörigen, wenn die Einsatzkräfte ihre Arbeit getan haben. Manchmal brauchen auch die Einsatzkräfte im Rettungsdienst Beistand.

„Ich bin Notfallseelsorgerin geworden, um den Menschen in ihren schlimmsten Stunden Halt zu geben, sie nicht alleine zu lassen“, sagt Sabine Schimpf-Ermisch. „Das ist mein Anspruch und das gilt auch in Corona-Zeiten.“ Vier Einsätze hatte sie seit dem Lockdown, drei Einsätze waren es bei Hugo Klein – zumeist Menschen, die plötzlich verstorben sind. „Wichtig ist, dass man auch in dieser Zeit vor Ort ist“, sagt Sabine Schimpf-Ermisch. „Am Telefon sieht man weder Mimik noch Körperhaltung.“ Ihr Kollege Hugo Klein ergänzt: „Am Telefon kann ich keinen Kontakt aufbauen.“

Telefonseelsorge funktioniere anders, erläutert Ruff-Kapraun. Dort riefen Menschen von sich aus an, die sich vorher auf den Anruf vorbereitet hätten. In der Notfallseelsorge komme es jedoch darauf an, Menschen in einer plötzlichen Schocksituation wieder zu verankern. Hier passiere etwas im sozialen System, das ließe sich auch über Abstand, aber nicht per Telefon erspüren.

Mit Mundschutz, Hygiene- und Abstandsregeln ist es zwar komplizierter, sind sich Sabine Schimpf-Ermisch und Hugo Klein einig, aber wesentlich ist, dass sie da sind. „Verabschieden ohne Handschlag oder Umarmung ist schwer“, sagt Hugo Klein. Im körperlichen Kontakt ginge es vor allem auch darum, den Betroffenen Wärme abzugeben. „Ich spüre so auch, wie ich jemanden zurücklasse, der Abschluss fehlt.“ Sie versuche, den fehlenden körperlichen Kontakt mit Blickkontakt und der Stimme auszugleichen, sagt Sabine Schimpf-Ermisch. Oder damit, einen Segen auszusprechen – der verankere die Zurückbleibenden im Himmel.

Weitere Informationen gibt es bei Heiko Ruff-Kapraun unter 0171/37 44 999 oder unter www.nfs-suedhessen.de.


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